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Natürlich ist ein Mini-Match wie dieses mit lediglich acht Partien viel zu wenig, um zuverlässige Aussagen zu treffen, es zeigt aber bereits, daß Rebel Century erhebliche Fortschritte im Bereich Computer gegen Computer zu verzeichnen hat. Laut Ed Schroeder steckt in dieser Version eine stark verbesserte Suche, die sowohl für eine höhere Suchtiefe sorgt als auch für eine bessere taktische Sicht, die bei früheren Versionen fehlte und so manches Mal dem Rebellen in Partien gegen andere Programme zum Verhängnis wurde. Es sieht auf jeden Fall danach aus, daß bei diesem Rebel Century wieder ein gutes Stück an Spielstärke hinzugekommen ist. Dies ist zwar inzwischen nur noch schwer festzustellen für die meisten von uns, aber man merkt es dennoch, wenngleich es sich hierbei lediglich um ein subjektives Gefühl handelt. Wer der Meinung ist, daß Rebel Century zu schwach spielt, dem lege ich ans Herz, selbst gegen Rebel Century zu spielen. Wer nach 30 Zügen immer noch keine Verluststellung hat, darf sich schon als sehr guten Spieler bezeichnen, denn Rebel Century versteht es sehr gut, mit druckvollem Spiel deutliche Vorteile zu erspielen. Aber das sehen Sie am besten selbst. 2) Rebel Tiger 2 Die Programmoberfläche:
Was das Besondere an Rebel Tiger 2 ist, läßt sich mit wenigen Worten schnell beschreiben: Es ist individuell konfigurierbar. Die Iconleiste kann mit Icons versehen werden, die jede Funktion aus den Menüs bietet. In der obigen Abbildung sieht man z. B. meine Gestaltung, bei der ich die Buttons "Options...", "Edit Position" und "Autoplayer232" hinzugefügt habe, weil ich diese Funktionen öfter benötige. Analog lassen sich beliebige Konstruktionen finden. Viele nützliche Funktionen sind bereits in der Iconleiste enthalten, z. B. Spieler einstellen, Spielstufe einstellen, Daueranalyse, Datenbank öffnen, Datenbank neu erstellen, nächste/vorherige Partie laden, Rechne, Drucken, Partie speichern, kopieren, einfügen, Zugvorschlag. Weiterhin lassen sich die Informationsfenster, wie bei einem Windows-Standardprogramm üblich, frei konfigurieren. Das betrifft sowohl die Größe als auch die Anordnung. Die obige Abbildung zeigt die Anordnung, die standardmäßig gestartet wird, lediglich die Farben habe ich selbst angepaßt. Es stehen bereits 15 verschiedene Layouts zur Verfügung, die ausgewählt oder als Vorlage zur eigenen Gestaltung benutzt werden können. Somit sollte es keine Beschwerden über eine wenig funktionelle Oberfläche mehr geben, der Benutzer kann ja alles selbst seinen Vorstellungen entsprechend gestalten. Die Datenbankfunktionen sind eher spartanisch. Die Suche beschränkt sich auf Spielername, Turnier, Eröffnung und Datum. Partien lassen sich nicht ersetzen, sie werden ans Ende der Datenbank erneut gespeichert. Für Anwender, die kein anderes Schachprogramm besitzen, um mehr mit Datenbanken zu arbeiten, wird diese Funktionalität kaum ausreichen. Auch die Eröffnungsbücher kommen etwas kurz. Das mitgelieferte Eröffnungsbuch für Chess Tiger und Gambit Tiger läßt sich nicht editieren. Weder in der Ausspielhäufigkeit noch in der Änderung der Züge, Löschen oder Hinzufügen von eigenen Eröffnungsvarianten ist nicht möglich. Will man derartiges durchführen, muß man ein ganz neues Eröffnungsbuch erstellen. Das hat den Nachteil, daß, wenn dieses neue Buch in der Partie keine Züge mehr enthält, nicht automatisch im Originalbuch nachgeschaut wird, ob dort noch Züge zu finden sind. Das selbst erstellte Buch sollte als möglichst umfangreich sein. Die Unterscheidung geschieht durch eine Trennung zwischen GUI-Buch (was der Benutzer selbst erstellen und verändern kann) und Engine-Buch (das nicht editierbare Original-Tiger-Buch). In der nächsten Version, evtl. gibt es ein kostenloses Update zwischendurch, soll dieses Manko beseitigt sein. Neu ist die Möglichkeit der Einbindung von Winboard-Engines. Wem das nichts sagt: Winboard ist eine kostenlose, englischsprachige Benutzeroberfläche mit einer offenen Schnittstelle für Engines. Diese Oberfläche erleichtert Amateurprogrammierern, ihre Engine weiter zu entwickeln, weil sie sich dabei nicht auch noch um die Benutzeroberfläche kümmern müssen. Inzwischen gibt es eine Vielzahl von solchen Amateurengines, die kostenlos im Internet heruntergeladen werden können. Hier kann nun der Anwender auf die Rebel Tiger 2-Benutzeroberfläche zurückgreifen, denn sie ist zweifellos besser als Winboard, um solche Amateurengines zu benutzen. Was manche vermissen werden, weil es inzwischen sehr beliebt ist, sind Partien zwischen verschiedenen Engines unter Rebel Tiger 2 oder gar ganze Turniere verschiedener Engines. Mir persönlich macht das nichts, da ich sowieso von diesen Turnieren nicht viel halte, diverse Leserbriefe in Computerschachzeitschriften und Computerschachforen zeigen jedoch deutlich, daß eine Vielzahl an Anwendern diese Art der Unterhaltung mögen. Neu ist weiterhin die Möglichkeit, sich aus Rebel Tiger 2 mit dem Internet zu verbinden und online Partien zu spielen. Dies geschieht bei einem Internet Chess Server, kurz ICS genannt, bei dem man sich vorher anmelden muß. Weitergehende Information bitte ich an anderer Stelle zu erfragen, diese Funktionalität benutze ich nicht. Bezüglich der Engine des Chess Tiger 13 zeigten bisherige Testergebnisse eine deutliche Verbesserung der vorher schon sehr starken Vorgängerversion Chess Tiger 12. Sie ist über jeden Zweifel erhaben. Die typische Chess Tiger Partie läuft in etwa so ab: Chess Tiger kommt recht gut aus der Eröffnung, spielt das Mittelspiel sehr sicher. Und wenn der Gegner im Endspiel keinen Fehler macht, endet die Partie remis, ansonsten gewinnt Chess Tiger. Der Spielstil erinnert auf jeden Fall an den alten Genius, wo Kritiker immer von „langweiligem Geschiebe" reden. Genius tat das sehr erfolgreich, und Chess Tiger hat noch ordentlich nachgelegt. Langweilig ist subjektiv, darüber mag jeder selbst entscheiden, auf jeden Fall spielt Chess Tiger auf diese Art sehr erfolgreich und wird sich ganz sicher in der schwedischen Computerrangliste SSDF unter den ersten drei plazieren. Neu ist der Gambit Tiger 1.0, eine Engine, die zunächst als unterhaltsame Zugabe gedacht war. Doch recht zügig wurde klar, daß diese Engine nicht minder erfolgreich spielt wie der „alte, große" Bruder. Als einzigen Unterschied zum Chess Tiger nannte Christophe Theron, daß er der Engine deutlich mehr Wissen um Königsangriffe mitgegeben hat. Doch genau diese Änderung macht Gambit Tiger zu einem phantastischen Angreifer! Im Internet wird eine Glanzpartie nach der anderen präsentiert, in denen Gambit Tiger für gewinnenden Angriff Material hergibt. Aber machen Sie sich selbst ein Bild: Gambit Tiger – Mephisto TISC 1ML, 1 Stunde pro Partie: 1.e4 e5 2.Sf3 Sc6 3.Sc3 Sf6 4.d4 exd4 5.Sd5 Sxe4 6.De2 f5 7.Sg5 d3 8.cxd3 Sd4 9.Dh5+ g6 10.Dh4 Sc2+ 11.Kd1 Sxa1 12.dxe4 c6 13.Sc3 Df6 14.e5 Dxe5 15.Lc4 Le7 16.Te1 Dd6+ 17.Ld2 Df6 18.Lf7+ Kd8 19.Txe7 Kxe7 20.Sd5+ cxd5 21.LL4+ d6 22.Lc3 Dxc3 23.bxc3 Kd7 24.Dd4 Tf8 25.Lxd5 Te8 26.Dg7+ Kd8 27.Lxb7 Ld7 28.Lxa8 h6 29.Sf7+ Kc7 30.Ld5 Te7 31.Df6 Txf7 32.Dxf7 Kd8 33.Dxg6 Kc7 34.c4 La4+ 35.Kd2 Lc6 36.c5 Lxd5 37.Dxd6+ Kc8 38.Dxd5 a5 39.Df7 Sb3+ 40.axb3 Kd8 41.c6 a4 42.Dd7# 1-0 Auch beim Computerschachturnier in Thüringen, November 2000, gab es für die Konkurrenz nicht viel zu lachen, obwohl die Gegnerschaft auf doppelt so schnellen Rechnern lief, was üblicherweise einen klaren Vorteil bringt: Gandalf 4.32f – Gambit Tiger 1. e4 c5 2. Sf3 d6 3. d4 cxd4 4. Sxd4 Sf6 5. Sc3 a6 6. Lg5 e6 7. f4 Dc7 8. Df3 b5 9. Lxf6 gxf6 10. e5 d5 11. exf6 b4 12. Sce2 Sd7 13. f5 e5 14. Se6 fxe6 15. fxe6 Sxf6 16. Dxf6 Lg7 17. Df5 Tf8 18. Dh5+ Kd8 19. Dxh7 Lxe6 20. Dg6 Tf6 21. Dg3 Lh6 22. Dh4 De7 23. Dg3 Dc5 24. c3 Kd7 25. Dh4 Taf8 26. a3 De3 27. Td1 Tg6 28. h3 Tf4 29. g4 Lg5 30. Dh7+ Tf7 31. Dxf7+ 0-1 Gambit Tiger – Nimzo 7.32 1.e4 c5 2.Sf3 d6 3.d4 cxd4 4.Sxd4 Sf6 5.Sc3 a6 6.Le3 e6 7.Dd2 b5 8.f3 Sbd7 9.g4 h6 10.O-O-O Lb7 11.h4 b4 12.Sa4 Da5 13.b3 Sc5 14.a3 Sxa4 15.axb4 Dc7 16.bxa4 d5 17.e5 Sd7 18.f4 Sb6 19.f5 Sxa4 20.fxe6 Sc3 21.exf7+ Kxf7 22.Ld3 Sxd1 23.Tf1+ Kg8 24.Kxd1 Dxe5 25.Lg6 Ld6 26.Lf7+ Kh7 27.Lf4 De4 28.Lxd6 Thd8 29.Lf4 Tf8 30.Te1 Dxe1+ 31.Dxe1 Txf7 32.De5 a5 33.bxa5 Lc8 34.Ld2 Lxg4+ 35. Kc1 Td7 36.Sc6 Tc8 37.Se7 Te8 38.Lb4 h5 39.Lc5 Tb7 40.a6 Texe7 41.Lxe7 Ta7 42.Lf8 1-0 Wo immer sich eine reelle Möglichkeit bietet, schlägt Gambit Tiger gnadenlos zu. Es handelt sich wohl um die zur Zeit angriffsstärkste Engine, die jeder Gegner, ob Mensch oder Maschine, noch fürchten wird. Interessanterweise hat der Programmautor selbst keinen Spielstärkeunterschied ausmachen können zwischen dem Angriffsmonster Gambit Tiger und dem solide spielenden Chess Tiger. Warten wir’s ab und erfreuen uns an den faszinierenden Partien. Für mich DIE Engine und DIE Überraschung des Jahres! Auch beim Gambit Tiger bin ich sicher, daß ein Platz unter den Top-3 der SSDF herausspringen wird. Eine kleine Nettigkeit fehlt noch bei der Engine: der so genannte k-best-Modus. Damit ist gemeint, auf Wunsch die 2, 3, 4 oder noch mehr besten Züge und Varianten im Analysemodus der aktuellen Stellung angezeigt zu bekommen. Einzigartig ist die Möglichkeit, in einer Stellungsanalyse Züge auszuwählen, die entweder ausschließlich analysiert oder von der Analyse ausgeschlossen werden sollen. Leider gibt es dabei noch ein kleines Darstellungsproblem im Analysefenster, die Programmierer arbeiten aber bereits daran. Um auch die Rebel Century-Fans auf ihre Kosten kommen zu lassen, kann man als Hintergrundanalyse die Engine des Rebel Century 2 rechnen lassen. So bekommt man sogar noch eine dritte „Meinung" zur aktuellen Stellung. Um keinen falschen Eindruck entstehen zu lassen: An Fehlern gibt es so gut wie nichts zu berichten, lediglich der Funktionsumfang ist noch verbesserungswürdig. Da es sich jedoch um ein recht junges Produkt handelt, wird jederzeit intensiv an Erweiterungen gearbeitet, so daß es durchaus sein kann, daß die eine oder andere Funktion, die ich noch vermisse, bereits implementiert ist und in der nächsten Version bzw. evtl. kostenlosen Update erscheinen wird. Alles in allem ein sehr gelungenes Paket, das angesichts des Preises von DM 129,-- bzw. DM 89,-- für das Update mit zwei Spitzenschachprogrammen und insgesamt drei Engines im Moment alles in den Schatten stellt. So viel geballte Spielstärke gibt es sonst nirgends zu kaufen, erst recht nicht zu diesem Preis. Im Gegensatz zu fast allen anderen Schachprogrammen verzichtet Schroeder B. V. auf einen lästigen Kopierschutz. Als Fazit ist dieses konkurrenzlose Programmpaket ein absolutes Muss für jeden Schachfreund, der mit diesen Programmen noch sehr lange Freude haben wird. Für mich ist es DAS Paket des Jahres! Glückwunsch an Ed Schroeder, der es wieder einmal geschafft hat, ein solch phantastisches Angebot zusammengestellt zu haben!
Harald Faber, Haltern, 25.11.2000 |